03. november 2015

Saudi-arabische Professorin: Saudi-Arabien fördert religiöse Spaltung – Religiöse Minderheiten sind die ersten Opfer

„Die saudi-arabischen Interventionen haben zur Unterdrückung friedlicher Proteste und zum Verschwinden der demokratischen Kräfte in der arabischen Welt geführt“, sagte Prof. Dr. Madawi Al-Rasheed an einem Vortrag in Zürich. „Die Stärkung des saudi-arabischen Regimes durch die Verbündeten im Westen führte zur Verbreitung der religiösen und sozialen Normen Saudi-Arabiens“, darunter auch Intoleranz gegen religiöse Minderheiten und Marginalisierung der Frauen.

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Prof. Dr. Madawi Al-Rasheed vom Middle East Centre der London School of Economics (LSE) sprach letzte Woche an einem öffentlichen Vortrag der Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International (CSI) in Zürich. Sie zeigte die mehrgleisige saudische Strategie auf, mit der das Regime seit den arabischen Aufständen von 2011 gegen die demokratischen Kräfte vorgeht. Das saudische Regime habe sich vor Unruhen im eigenen Land gefürchtet, nachdem die Aufstände in den verbündeten Staaten Tunesien und Ägypten zum Umsturz geführt hatten.

Saudi-Arabien nutzt Ölreichtum zur Unterstützung gewalttätiger Islamisten

Als Reaktion auf die Aufstände, so Al-Rasheed, habe das saudische Regime seinen Ölreichtum genutzt, um arabische Monarchien und Militärregimes zu stützen und Truppen nach Bahrain zu senden, die die friedlichen Proteste niederschlugen. In Syrien habe das Regime gewalttätige Islamisten unterstützt und so mitgeholfen, dass aus den „friedlichen Protesten“ ein Bürgerkrieg „mit einer unglaublichen Zahl an Toten“ wurde. Schliesslich habe sich das Regime, nachdem es über Jahre von westlichen Mächten aufgerüstet wurde, nun „in einem neuerlichen besorgniserregenden Wandel in der saudischen Aussenpolitik“ auf eine „direkte militärische Intervention“ im Jemen eingelassen – „eine humanitäre Katastrophe für das ärmste arabische Land“.

Saudi-Arabiens Interventionen fördern religiöse Polarisierung

„Die bedrohlichste Auswirkung der saudischen Interventionen ist die religiöse Polarisierung dieser Konflikte“, sagte Al-Rasheed. In Syrien und andernorts gewännen jene an Boden, die die Mittel hätten, die Bevölkerung zu terrorisieren – häufig militante Islamisten, die von Saudi-Arabien finanziert werden. „Friedliche Akteure finden kein Gehör.“ Weil Saudi-Arabien in der Region Kräfte finanziere, die die religiöse Spaltung fördern, sei religiöse Abgrenzung für die Leute – ganz gleich ob es sich um Sunniten oder Schiiten handelt – zum einzigen Weg geworden, um ihre Anliegen zu vertreten.

Religiöse Minderheiten im Nahen Osten die ersten Opfer – auch Europa in Gefahr

Das Resultat sei ein Erstarken des „religiösen Nationalismus“, einer „ausserordentlich gefährlichen“ Bewegung, die „die Gleichschaltung aller religiösen Bekenntnisse und Praktiken“ anstrebe. „Religiöse Minderheiten werden die ersten Opfer sein“, sagte Al-Rasheed. Doch werde „niemand verschont bleiben“, erst recht nicht, wenn sich diese Bewegung von der arabischen Welt auch nach Europa und in andere Regionen ausbreite.

„Solange das saudische Regime in der Lage ist, seine Macht in der Region durchzusetzen, gibt es keinen Raum für demokratische Kräfte“, sagte Al-Rasheed abschliessend. „Der grundlegende Wandel muss in Saudi-Arabien selber geschehen.“

Zur Person

Madawi Al-Rasheed ist Visiting Professor am Middle East Centre der London School of Economics (LSE). Sie hat mehrere Bücher verfasst, darunter A Most Masculine State: Gender, Politics and Religion in Saudi Arabia sowie – soeben erschienen – Muted Modernists: The Struggle over Divine Politics in Saudi Arabia. Das saudi-arabische Regime hat Al-Rasheed wegen ihrer wissenschaftlicher Aktivitäten den Pass entzogen. Es sind sogar Fälle bekannt, dass Leute in Saudi-Arabien bestraft wurden, nur weil sie ihre Bücher besassen.

Vortragsreihe “Die Zukunft der religiösen Minderheiten im Nahen Osten”

Das Referat von Madawi Al-Rasheed fand im Rahmen der CSI-Vortragsreihe „Die Zukunft der religiösen Minderheiten im Nahen Osten“ statt. Es war der elfte Vortrag in Zürich. Weitere Veranstaltungen fanden bisher in Bern, Genf, Boston und Oxford statt.

 

www.middle-east-minorities.com

Kontakt

Adrian Hartmann
adrian.hartmann@csi-schweiz.ch044 982 33 74
078 836 07 47

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